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Reformbedarf im Schienenverkehr, Teil 1

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Reformbedarf im Schienenverkehr, Teil 1

Reformbedarf im Schienenverkehr, Teil 1

Die Bahnreform 1994 schaffte eine Marktstruktur für die Eisenbahn, die bis heute weitgehend erhalten ist. Doch wenn die Bahn auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein und einen großen Anteil zum Erreichen der Klimaziele leisten soll, muss an vielen Stellen nachgebessert werden.

Wir skizzieren den Reformbedarf im Schienenverkehr und seine Hintergründe:

 

Bahnreform 1994 als Basis

Im Zuge der Bahnreform 1994 wurden die Deutsche Bundesbahn und die Reichsbahn der DDR zusammengeführt. Das Unternehmen erhielt eine privatwirtschaftliche Rechtsform und wurde entschuldet. Gleichzeitig führte eine EU-Reform dazu, dass die Marktordnung der Schiene grundlegend erneuert wurde.

Im Mittelpunkt der EU-Reform stand die Öffnung des Schienennetzes. Bis dahin waren die staatlichen Eisenbahnen Eigentümer der Infrastruktur und betrieben den Zugverkehr als Monopolisten. Jetzt wurde es auch für andere Betreiber möglich, das Schienennetz mit ihren eigenen Zügen zu nutzen. Der jeweilige Eigentümer konnte fortan Entgelte für die Nutzung der Infrastruktur verlangen, allem voran Trassenpreise. Im Gegenzug mussten der Zugang zur Infrastruktur und die Preisbildung neutral ausgestaltet werden und es wurde untersagt, die Staatsbahnen zu bevorzugen. Auch eine getrennte Rechnungsführung ist seitdem für die Infrastruktur-Gesellschaften Pflicht. Sie soll vermeiden, dass die Staatsbahnen die Gewinne aus der Infrastruktur in andere Geschäfte stecken.

In Deutschland wurde der Eisenbahnbetrieb in eine Holding umgewandelt, die fünf Aktiengesellschaften als Tochterfirmen umfasste. Das waren die DB Netz AG und die DB Station AG als Infrastruktur-Gesellschaften. Dazu kamen Gesellschaften für den Fernverkehr, den Nahverkehr und den Güterverkehr.

Die dritte Stufe der Reform sah vor, dass die Holding langfristig aufgelöst und die Transportgesellschaften privatisiert werden sollten. Die Infrastruktur-Gesellschaften sollten mehrheitlich Staatseigentum bleiben. Das wurde so auch im Grundgesetz verankert.

Die Finanzierung der Infrastruktur sollte durch die Nutzungsentgelte erfolgen. Neue, wirtschaftlich schwierige Bahnstrecken wollte der Bund bezuschussen.

Das Reformvorhaben ging davon aus, dass der Fern- und der Güterverkehr unter diesen Bedingungen keine Zuschüsse brauchen, um im Markt zu agieren. Weil der Regionalverkehr nicht eigenwirtschaftlich agieren kann, wurde für ihn ein neues Marktmodell ins Leben gerufen. Dabei übertrug der Bund die Verantwortung auf die Bundesländer, garantierte aber per Grundgesetz, Mittel für die Bestellung der Verkehrsleistungen zur Verfügung zu stellen.

Zunächst gaben die Bundesländer die komplette Verkehrsleistung bei der DB AG in Auftrag. Im weiteren Verlauf bauten sie sogenannte Aufgabenträger auf und schufen durch Ausschreibungen der Verkehrsleistungen einen Wettbewerb. Heute übernehmen Wettbewerber die Regionalverkehre zu rund einem Drittel.

 

Strategische Neuausrichtung 1999

Im Jahr 1999 gab es bei der DB AG eine große Änderung der strategischen Ausrichtung. Der damalige Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn wollte einen „integrierten Logistikkonzern“ aufbauen und strebte den Börsengang an. Die dritte Stufe der Bahnreform rückte dadurch in den Hintergrund.

Zwar gab es durch den Bund als Eigentümer nie einen formalen Beschluss der Strategieänderung. Tatsächlich war der Widerstand quer durch alle Bundestagsfraktionen groß. Trotzdem brachte der Bahnvorstand seine Umbaupläne voran, unterstützt durch Teile der Bundesregierung.

Für die Neuausrichtung brauchte die DB AG in erster Linie Geld. Der Konzern verständigte sich mit dem Bund darauf, dass dieser neue Bauvorhaben komplett und Ersatzinvestitionen anteilig finanzieren würde. Ersatzinvestition sind die Kosten, die für regelmäßige Maßnahmen wie zum Beispiel die Erneuerung von Oberleitungen oder Schienen anfallen.

Ab 2006 widmete die Regierung dafür das Budget für Neu- und Ausbauten um und stellte pro Jahr 2,5 Milliarden Euro bereit. In den Jahren davor lag das Neubaubudget bei rund vier Milliarden Euro, wurde 2005 aber auf 1,5 Milliarden Euro gekürzt und bis 2020 auch nicht mehr angehoben. In der Folge wurden so gut wie keine neuen Strecken mehr gebaut und Großprojekte zum Ausbau des Schienennetzes verschoben.

Für den Bahnkonzern hingegen bedeutete die Umstellung eine finanzielle Entlastung, die gleichzeitig mehr Spielraum für internationales Wachstum eröffnete. Weitere Mittel generierte die DB AG durch den Verkauf von zum Beispiel Datennetzen, Fährlinien, Immobilien und Werbung, aber auch durch Kredite. Diese Gelder flossen in den Aufbau eines internationalen Logistik-Geschäfts und eines internationalen Personenverkehrs mit Bus und Bahn. Außerdem unternahm der Konzern in den vergangenen Jahren große Investitionen in Start-Ups überwiegend aus der Mobilitätsbranche.

Der geplante Gang an die Börse 2007 scheiterte aber. Ein Grund dafür war der große Widerstand aus der Politik, danach kam die Finanzkrise dazu. Doch die strategische Ausrichtung blieb und wurde von den nachfolgenden Vorstandsvorsitzenden fortgesetzt.

 

Ambitionierte Ziele

Unterm Strich war die Strategie der vergangenen zwei Jahrzehnte kein Erfolg. Die Investitionen in die neuen Geschäftsfelder trugen nicht die gewünschten Früchte. Nach der Entschuldung durch die Bahnreform ist der Schuldenberg stetig gewachsen, während die Gewinne der DB AG seit rund zehn Jahren konstant sinken. In den Jahren 2015 und 2020 mussten zudem die Werte von mehreren Auslandsbeteiligungen korrigiert werden, was zu weiteren Verluste führte.

Die Eisenbahn in Deutschland als Kerngeschäft spürt die Vernachlässigung der Infrastruktur. Diese wird immer älter und lässt die Unpünktlichkeit von Personen- und Güterzügen steigen. Dass Züge zunehmend Verspätung haben, hängt aber auch mit veränderten Strukturen bei der Nutzung des Schienennetzes zusammen.

Die Nachfrage nach Trassen ist in den vergangenen 20 Jahren zwar nur um durchschnittlich 0,3 Prozent gestiegen. Aber sie verteilt sich sehr ungleichmäßig. Der Pendlerverkehr in den Großstädten wächst und auch der Fernverkehr auf den Hauptachsen nimmt stetig zu.

Im Schienengüterverkehr ist der Montanverkehr rückläufig, bei vielen Produkten findet eine Miniaturisierung oder ein Ersatz durch digitale Lösungen statt. Die Trassennachfrage in der Fläche sinkt dadurch. Andersherum haben sich die Importe aus Asien massiv erhöht. Folglich boomt der Containerverkehr aus den Häfen und die Eisenbahn profitiert davon. Nur werden die Leistungen über die Hauptachsen abgewickelt, die ohnehin schon überlastet sind.

Dass sich die Strukturen in der Trassennachfrage verschieben werden, ist schon lange klar. In die Netz- und Investitionspläne ist davon aber bisher wenig eingeflossen. Das führt zu einer Überlastung der Hauptachsen und Knoten, die die Betriebsqualität einschränkt und Wachstum ausbremst.

Seit dem Jahrtausendwechsel strebt jede Bundesregierung die Verkehrsverlagerung auf die Schiene an. Gleichzeitig wurde der Klimaschutz zu einem immer wichtigeren Ziel. Es gibt die internationale Verpflichtung, den Ausstoß von Treibhausgasen deutlich zu senken, und entsprechende Vorgaben für alle Wirtschaftssektoren auf nationaler Ebene. Anders als in den meisten anderen Sektoren, wo die Emissionen sinken, bleiben sie im Verkehrssektor aber nahezu gleich. Der Handlungsbedarf ist also unverkennbar.

Die Bundesregierung legt den Fokus vor allem auf umweltfreundlichere Antriebe. Fahrzeuge mit Elektroantrieb bekommen gewaltige Subventionen und auch für Alternativen wie Wasserstoff und Biokraftstoffe stehen enorme Fördermittel bereit. Die Verkehrsverlagerung auf die Schiene ist zurückhaltender formuliert.

Bereits im Koalitionsvertrag 2018 wurde das Ziel ausgegeben, den Personenschienenverkehr bis 2030 zu verdoppeln. Zusätzlich sieht der Koalitionsvertrag 2021 vor, dass der Marktanteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 auf 25 Prozent steigen soll. Doch die Maßnahmen zur Umsetzung dieses Zieles hat der neue Koalitionsvertrag weitestgehend von seinem Vorgänger übernommen. Währenddessen hängt der Marktanteil der Schiene im Güterverkehr schon seit Jahren bei rund 19 Prozent fest.

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